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Porn.Film.Fest Innsbruck: 93 Minuten “Best of Pornfilmfestival Vienna 2021”

Vier Tage lang Lust, Fetisch, Körperflüssigkeiten, Scham, Begierde, sexuelle Gesundheit und Humor. Dieser emotionale Rollercoaster spiegelt auch das Programm des Porn.Film.Fest Innsbruck, veranstaltet von der Austrian Medical Students‘ Association in Kooperation mit dem Leokino Innsbruck und der Bäckerei Innsbruck, wieder: Von der Podiumsdiskussion mit der AIDS-Hilfe Tirol, dem Workshop „Feminist Pornwatching“, der Live-Performance der Musikerin Matte/Glossy bis hin zu den Kurzfilmen „Best of Porn Film Festival Vienna“ war alles dabei, was vorstellbar ist – oder eben auch nicht.

© Leona-Cosima Piffer: Matte / Glossy

Sexualität und sexuelle Praxis sind doch so viel mehr als nur Befriedigung und Lust: Sie prägen unsere Identität, formen sie und verändern sie. Sie lassen uns herausfinden, wer wir sind und was wir wollen, oder auch nicht wollen. Aber vor allem bildet Sexualität einen großen Teil unserer psychischen Gesundheit, des psychischen und physischen Wohlbefindens. Die AMSA hat mit dem Porn.Film.Fest Innsbruck das Ziel angestrebt, Themen rund um Sexualität in unserer Gesellschaft ein Stück weit zu enttabuisieren.

Und trotzdem: Das Wort „Scham“ gleich in der ersten Zeile des Artikels? Ja! Weil auch das zur Sexualität und zum Mensch-Sein dazu gehört. Wir brauchen uns für Scham nicht zu schämen – das habe ich als Zuschauerin der Kurzfilmreihe „Best of Porn Film Festival Vienna“ am dritten Tag des Porn.Film.Fest Innsbruck gelernt.

Der Raum in der Bäckerei war voll mit Zuschauer*innen, die Karten waren ausverkauft, die Resonanz war groß: Viele Menschen wollten und wollen gemeinsam Pornos jenseits des Mainstream schauen – endlich nicht mehr wegsehen, verschweigen, oder unter die Decke kehren.

Bevor die Kurzfilmreihe startete, wurde von den Veranstalter*innen noch eine Triggerwarnung ausgesprochen, mit dem Hinweis, die Plätze jederzeit ohne Bedenken verlassen zu können, falls die Inhalte zu überfordernd werden oder das Unwohlsein zu groß wird. An dieser Stelle: Danke dafür!

Anfänglich war die Luft im Raum dick, fast schon erdrückend, die Menschen waren leise, jede*r war angespannt, niemand wusste genau, was zu erwarten ist. Der erste Kurzfilm zeigte eine Frau, die masturbierte, jedoch sehr stilisiert und pur, ohne verbale Geräusche, ohne viel Mimik, kahl rasiert im Intimbereich, mit Nahaufnahmen ihrer Vulva. Es war ungewohnt, eine Frau in solch einer intimen Situation auf einer großen Kinoleinwand zu sehen und trotzdem war es schön, ein Teil von diesem Moment zu sein.

Der zweite Film zeigte einen Mann, der mit Hilfe einer ausgehöhlten Grapefruit masturbierte, und da waren erste Geräusche im Publikum zu hören: Eine Frau, die versteckt kicherte, ihr Lachen unterdrückte, bis es immer wieder in kurzen und hohen Tönen aus ihr heraus-platzte – sichtbar wurde die Scham, wenn man zum ersten Mal gemeinsam mit fremden Menschen an einem öffentlichen Ort Pornos schaut. Lachen ist erlaubt, Lachen gehört zu skurrilen Filmen, Lachen gehört auch zur Sexualität.

Erst nach dem dritten Kurzfilm hat sich die gesamte Stimmung gelockert, die Menschen wurden vertrauter mit den audiovisuellen Eindrücken. In einer kurzen Pause wurden angeregt die bisher eingeprasselten Inhalte diskutiert, der ein oder andere Wein bestellt und gespannt auf die zweite Hälfte der Kurzfilmreihe gewartet. Von Oralsex, Analsex, einer pornographisch abgewandelten Darstellung des Märchens Dornröschen und einer menschlichen BDSM-Marionette war gefühlt alles dabei, was Geschmäcker begehren.

Info: BDSM steht für Bondage und Disziplin, Domination und Submission, Sadismus und Masochismus.

Nachdem die Kurzfilme des „Best of Porn Film Festival Vienna“ gezeigt wurden, gab es die Möglichkeit, ein schriftliches Feedback an die Veranstalter*innen abzugeben. Da das Porn.Film.Fest Innsbruck in Tirol Premiere feierte, war dies die Chance der AMSA, herauszufinden, wie die Filme beim Publikum angekommen sind, und was sich die Menschen für das nächste Mal wünschen. Eine toller Weg, das gemeinsam Erlebte zu verarbeiten!

Ein kollektives Erlebnis, welches ich allen empfehlen kann, die sich an die eigenen Grenzen und den eigenen Horizont heranwagen möchten, und zugleich einen Beitrag für die gesellschaftliche Enttabuisierung von sexueller Praxis, Sexualität und sexueller Gesundheit leisten möchten.

Ohne all die Menschen, die sich neugierig an dieses Festival herangetastet haben, wäre die Durchführung so nicht möglich gewesen. Deshalb: Bleibt lustvoll, bleibt bereit zu lernen, bleibt humorvoll. Und vor allem: Habt Sex (wenn ihr das wollt)!


Titel-und Beitragsbild © Leona-Cosima Piffer

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